Dienstag, 23. Dezember 2014

Glückliche Familie 259: Glühwein am Bett


Bevor der Blog eine kleine Weihnachtspause einlegt, gibt es eine Zusammenstellung von dem, was mich in den vergangenen Tagen bewegt hat:


Jörg, der Vater von Linus, der nicht mehr in den Kindergarten gehen wollte, hat sich noch mal gemeldet. Er schreibt:

Liebe Uta,
so, jetzt habe ich ein bisschen Zeit, dir zu schreiben, wie es uns geht:
Deine Tipps haben mir sehr geholfen. Einfach weil sie mir zum Teil gezeigt haben, dass wir doch einiges richtig machen (Exklusiv-Zeit mit Mama z.B.), andererseits waren auch gute Denkanstöße dabei.
Wir haben dann beschlossen, Linus jeden Tag hinzubringen, dafür aber schon deutlich früher zu holen. Konkret von 14:00/14:30 Uhr bis 16:30, also vor dem Abendessen. 
Das ging am Anfang zwar nur mit viel Überreden, dann aber immer besser. Wenn wir ihn jetzt abholen, dann schläft er uns ... im Kinderwagen ein. Also ist es sicher gut, ihn nicht länger dort zu lassen. Er macht nämlich auch seit 2-3 Wochen keinen Mittagsschlaf mehr... (Als gäbe es nicht schon genug Veränderungen zur Zeit;)
Außerdem haben wir mit den Erzieherinnen kommuniziert, dass wir ihn nicht schreiend abgeben und sie uns bitte die Zeit lassen, die wir brauchen, bis er freiwillig dableiben möchte. Das akzeptieren sie auch einigermaßen.

Insgesamt hat sich das Thema deutlich entspannt. Die Zwillinge werden größer/robuster, Mama kann sich wieder etwas mehr Zeit für ihn nehmen und wir lernen einfach auch dazu, dass sein Schreien seine letzte und sicherste Möglichkeit ist, unsere Aufmerksamkeit zu bekommen. Meistens versucht er ja alles andere zuerst, aber mit zwei kleinen Babys wird der Größere nicht immer sofort beachtet. Leider.

Noch ist nicht alles immer super, aber wir fühlen uns wieder auf einem guten Weg.
Wenn der Wechsel nächsten September in die "richtige" Kindergartengruppe ansteht, dann erwägen wir evtl. einen Wechsel in einen Waldkindergarten. Wir denken, dass er da einfach eher der Typ für ist.
Muss man sehen wie eng die Freundschaften im Waldorfkindergarten dann gewachsen sind etc...
Vielen Dank nochmal!!
Liebe Grüße,

Jörg
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Noch nicht gemeldet hat sich das "Wolkenschaf", das bei mir das Buch "Manchmal bin ich wütend" gewonnen hat. Könnte ein Vorsatz für das neue Jahr werden: Immer fröhlich sich bei Uta melden.

Engel an "Wolkenschaf": "Bitte melden und Adresse senden!"

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Gestern Abend habe ich im WDR einen Film über Udo Jürgens gesehen: große Auftritte, Interview-Ausschnitte und vieles mehr. Er blickt auf sein Leben zurück und auf die immer größer werdenden Erfolge. An einer Stelle ist er plötzlich ganz bewegt und hat Tränen in den Augen. Nicht als er vom Grand Prix erzählt, nicht vom Bambi oder vom Deutschen Musikpreis, sondern davon, wie seine Eltern kamen, als er sie eingeladen hat, seine Plattenaufnahme mit den Berliner Philharmonikern zu erleben. Endlich, so Jürgens sinngemäß, konnte er seinen Eltern zeigen, dass er mehr war als "nur" ein Schlagersänger.

Anerkennung von den eigenen Eltern - für wie viele Menschen ist das ein Lebensthema! Und weil sie davon nicht lassen können, bleibt es bis zum Ende ein Fass ohne Boden. Auch Jürgens war - wenn ich das richtig recherchiert habe - schon 44, als er die Eltern zu den Aufnahmen einlud. Ob Kronprinz (17) und Prinzessin (13) auch mal einen solchen inneren Mangel mit sich herumschleppen? Ich hoffe nicht. Also, für mich müssen es nicht die Berliner Philharmoniker sein. Mir reicht es, wenn wir uns auch in zehn oder zwanzig Jahren regelmäßig treffen und Nähe erleben dürfen.

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Der Vater meiner Freundin ist schwer krank. Er wird wahrscheinlich in den nächsten Monaten sterben. Seine Frau ist da, seine drei Kinder sind angereist, zwischendurch auch die Enkel und Schwiegerkinder, gestern kam noch seine Schwester. Mal sind sie gemeinsam an seinem Bett, mal wechseln sie sich ab. Meine Freundin schreibt:
"Gestern war soo ein schöner Tag. Mit ganz viel Nähe und Verbundenheit. Heute merken wir, dass er schon wieder einen Schritt weiter gegangen ist. Er weiß es. Schmerzen hat er keine. Er steht auch noch auf und geht alleine zum WC. Gestern haben wir an seinem Bett Glühwein getrunken. Wir weinen und wir machen Witze. Es ist traurig, aber nicht schrecklich. Alles ist gut."

und einen Tag später:

"Er wird durchhalten, bis Greta und Hanna nach Weihnachten kommen. Er steht noch auf und geht selbständig ins Bad. Er isst auch noch. Aber er hat sich auf den Weg gemacht. Gestern haben wir über unseren Kontext über Sterben nachgedacht. ... Er geht voran, so, wie er das immer gemacht hat, in den nächsten Raum, die nächste Ebene, ins Licht ...Und wir alle werden ihm folgen. Irgendwann. Kein Aufgeben, kein Mangel, kein Fehlen, sondern Mut und Vorangehen. Sein Leben ist einfach vollständig. Das Bild hat ihn erreicht, das fand er gut. Dass er jetzt der Erste ist, findet er allerdings scheiße." 
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Geboren werden, sterben, Witze machen, traurig sein - alles darf nebeneinander sein. Euch allen schöne Weihnachten!

Eure Uta,

die "danke" sagt für die vielen persönlichen Rückmeldungen und lieben Kommentare 2014!