Freitag, 1. November 2013

Glückliche Familie Nr. 179: Mobbing beenden


Ein Telefonat, das ich gestern mit meiner ältesten Schwester führte, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Meine Schwester ist Lehrerin an einem Gymnasium, sehr engagiert, kreativ, voller Ideen und auch Manns genug, eine Meute von 30 Kindern souverän durch ein Schuljahr zu führen.

Zu dieser Stunde sitzt sie in einer Konferenz mit dem Schulleiter und mehreren Kollegen, die einberufen wurde, weil ein Schüler einer siebten Klasse ein brisantes Foto ins Internet gestellt hat. Er hat es aufgenommen von einem Mitschüler, als dieser sich gerade im Klassenzimmer übergeben musste. Mittels digitaler Bildbearbeitung fügte der Schüler dem Foto eine braune Sprechblase mit dem Wort "Kacki" hinzu.

Der "Täter" und seine Eltern sind auch zu der Konferenz bestellt. Und meine Schwester berichtete, dass der Schulleiter erwägt, den Jungen eine Woche vom Unterricht auszuschließen. Dem anderen Jungen ginge es schlecht. Dessen Eltern hätten es schwer, ihn zu bewegen, überhaupt noch zur Schule zu gehen.

Meine Schwester klang erschöpft und ratlos. Auch der Schulleiter und die Kollegen wüssten nicht so recht, was zu tun sei.

Ich übrigens auch nicht. "Bin ich der master oder was?" würde Prinzessin (12) in einer solchen Situation sagen.

Und ich habe größten Respekt vor Menschen, die 30 Zwölf- bis Vierzehnjährige so durch eine Schulstunde führen können, dass sie selber keinen Tinnitus, "Burn out" oder "Rad ab" erleiden und die Kinder auch noch was lernen.

Heisst: Ich habe größten Respekt vor Lehrern, auch wenn nicht jeder, der meinen Kindern bisher begegnet ist, "my very best friend" ist, um wieder mit Prinzessin zu sprechen.

Da ich nicht zerschlissen bin vom Schulbetrieb, befinde ich mich in der glücklichen Lage, in aller Muße (heute morgen während der professionellen Zahnreinigung beim Zahnarzt) nachdenken zu können.

auch nachdenklich ... Amy

Was kann eine Schule in solch einem Mobbing-Fall tun?

"Master" hat blitzblanke Zähne und einen Vorschlag:

  • der Klassenlehrer fährt am gleichen Tag mit dem Übeltäter zum "Opfer" nach Hause 
  • dort entschuldigt sich der Schüler in aller Form und in Anwesenheit der Eltern des "Opfers" 
  • und er fragt, in welcher Weise er das Geschehen wieder gutmachen könne
  • Wiedergutmachung vereinbaren
  • danach keine Konferenzen, kein Unterrichtsausschluss oder dergleichen
  • sollte Ähnliches noch einmal vorfallen, wieder sofort so handeln


Die Tat gehört in den Mittelpunkt, nicht der "Täter". 

Es ist ein wichtiger Unterschied, ob wir sagen "Wir dulden so etwas nicht an unserer Schule" oder "wir dulden dich nicht an unserer Schule".

Wir sollten Kinder nicht aufteilen in "Opfer" und "Täter", sie nicht festlegen auf Rollen, die beide zweifelhafte Aufmerksamkeit mit sich bringen.

Es braucht klare Regeln und schnelles Handeln, keine langen Konferenzen, kein Diskutieren, Dramatisieren, Moralisieren.

Die Konsequenz sollte sozialer Stress sein, nämlich der, dem gedemütigten Jungen und seinen Eltern in ihrem vertrauten Umfeld gegenüber stehen zu müssen. (Das bringt auf jeden Fall keine "Out-law"-Anerkennung bei den Kumpels in der Schule wie andere Maßnahmen).

Und solch ein privater Wiedergutmachungs-Besuch zeigt bestimmt mehr Wirkung als eine Woche vom Unterricht ausgeschlossen zu werden und in Ruhe "Playstation" spielen zu können.

So, und jetzt seid ihr dran. Ich brauche einen Praxis-Check. Was meinst du, Schwesterherz? Könnte das ein brauchbares Verfahren sein? Was denken die anderen Lehrer unter euch? Habt ihr noch andere Ideen, die hier weiterhelfen könnten?

Wie schlimm alles ist, möchte ich nicht lesen. Aber für Ideen bin ich immer zu haben.

Immer die Tat sofort mit Sanktionen belegen und dann (hoffentlich) wieder fröhlich Unterricht machen, 

eure Uta