Sonntag, 11. November 2012

Glückliche Familie Nr.98: Jonglieren


Im Eltern-Training habe ich von drei Bällen gesprochen, die Eltern in der Hand halten:





"Mit diesen drei Bällen jonglieren Sie immer", habe ich zu den Eltern gesagt. "Es ist gut, keinen dieser drei Bälle fallen zu lassen."


Ich finde dieses Bild hilfreich, muss immer wieder daran denken.


Nähe  


Kuscheln, in den Arm nehmen, den Rücken kratzen, an die Hand nehmen, beim Vorlesen auf den Schoß nehmen, Beauty-Programm, liebevoll die Haare kämmen, massieren, eincremen.

Für Prinzessin (11) und mich habe ich gerade die Bodylotion "Bio-Wildrose" gekauft. Wenn ich das Gefühl habe, sie könnte eine Dosis "Nähe" gebrauchen, ist so eine neue Lotion ein guter Vorwand, ihr abends im Bett die Beine einzucremen und zu massieren.

Wir haben einmal mit Freunden Urlaub gemacht, als deren Kinder 4 und 1 Jahr alt war. Wir schlenderten zusammen über eine Uferpromenade und unsere Freundin, vom Beruf Erzieherin, trug den Jüngsten auf dem Arm. Der Vierjährige dagegen umkreiste unsere Gruppe wie ein ungesteuerter Satellit, nur schlecht und recht durch Ermahnungen auf Kurs gehalten. "Kannst du Oskar mal an die Hand nehmen?", flüsterte unsere Freundin ihrem Mann zu. Satellit Oskar wurde angedokt. Kleine Hand in große Hand. Und es war Frieden.
(Bitte schreibt mir jetzt nicht, dass das nicht immer hilft. Ich weiß!)


buntes Leben 


Alle Arten von Anregungen, Spielen, Ausflügen, oft ganz simpel: zusammen Backen, Kochen, Steine sammeln, alte Tapeten anmalen ...

Guckt, dass ihr Sachen macht, die euch selber Freude machen. Ich hätte so Lust, mal zu einer der unbewohnten Elb-Inseln rüber zu rudern oder mit der ganzen Familie durch einen der deutschen Urwälder zu wandern. Caro von dem wunderbaren Blog Naturkinder empfiehlt das Buch Urwälder Deutschlands von Georg Sperber und Stefan Thierfelder. (Oh, das wünsche ich mir zu Weihnachten!) Sollte sich der Wunsch erfüllen, will ich in den Weihnachtstagen gleich mit der Familie in einen deutschen Urwald fahren. Ich bin sehr gespannt, welche Wälder in Norddeutschland verzeichnet sind.

An diesem Wochenende haben wir uns vorgenommen, dass jeder eine Liste macht: "25 Sachen, die ich auf jeden Fall in meinem Leben gemacht haben möchte".

Samuel Lieberman, eine Figur aus der Serie "Dance Academie" hatte so eine Liste (allerdings mit 50 Punkten). Sam ist in der Serie tödlich verunglückt, wie alle Fans wissen. In der nächtlichen Trauerfeier am Strand hat sein Freund "Chrischtian" die Liste vorgelesen und ist alle Punkte durchgegangen: sich ein Tatoo stechen lassen, auf einer Brücke in Sydney tanzen, sich einmal gegen den Vater durchsetzen, Freunde finden, die einen durch das ganze Leben begleiten ..."Den letzten Punkt", flüsterte Chrischtian und seine tränenglänzende Augen wanderten von einem Freund zu anderen, "den letzten Punkt hat er auf jeden Fall geschafft." (Bleibt dran, ich hole nur kurz ein Taschentuch.)

So eine Liste zu schreiben und zu hören, was die anderen auf ihrer Liste haben, ist schon "buntes Leben" pur. Und dass Sachen darauf sein könnten, die wir schon bald umsetzen könnten, macht mich ganz kribbelig. Ich werde berichten.


Grenzen


Beim Jonglieren mit den drei Bällen "Nähe", "Grenzen" und "buntes Leben" plumpst mir der Ball "Grenzen" am häufigsten hin. Ja, es ist mir immer schon schwer gefallen, meinen Kindern Grenzen zu setzen. Ich ertappe mich täglich dabei, dass ich ihnen alles ermöglichen möchte - häufig auf Kosten meiner Kräfte. Wenn ich dann endlich Grenzen setze, wundere ich mich häufig, wie leicht es geht.

Die Regel, dass Prinzessin (11) mittags nur eine halbe Stunde ans iPad darf, ist inzwischen ein Selbstläufer. Keine Diskussion mehr.

Kronprinz (15) habe ich vergangene Woche verkündet, dass ich ihm nicht mehr bei Latein helfen werde, weil ich gemerkt habe, dass er es nur lernt, wenn er sich selber durch die Texte fuchst. Als ich kurz darauf wieder schwach wurde und ihm bei einer komplizierten Konstruktion helfen wollte, pochte er selbst darauf: "Lass mich das alleine machen."

Mit meiner Fußpflegerin (ich erwähnte, dass sie eine weise Frau ist) sprach ich über Durchsetzungskräfte. "Sie sind ja Zwilling", hob sie an, "Zwillinge sind immer ..." - "Frau G.", unterbrach ich sie, "ich bin kein Zwilling, ich bin Fisch." Frau G. setzte ihren Vortrag ungebremst fort. "Ach, Gott, ja, der Fisch, der Fisch ist lasch."

Daran liegt es also.

Immer schön fröhlich jonglieren

Uta