Sonntag, 30. September 2012

Glückliche Familie Nr. 86: Ein Klumpen Zutrauen


Ich habe ein Faible für ambitionierte Geschenke. Als Kronprinz (bald 15) in der dritten und vierten Klasse war, habe ich als Geschenk für Kindergeburtstage gerne Modelliermasse verschenkt. Das macht nicht viel her, aber mit einem Spachtel dazu blieben wir knapp unter der Obergrenze von 8 €, die ich für solche Geschenke angesetzt hatte.

Es ging aber nicht um das Geld, sondern um die Investition in das kreative Potenzial des beschenkten Kindes. So eine Packung Modelliermasse ist ein Klumpen Zutrauen.

Zutrauen in Tom zum Beispiel, einem begabten Klassenkameraden von Kronprinz. Ich sah Tom schon seine erste Ausstellung eröffnen und uns in seiner Ansprache dafür danken, dass wir mit Modelliermasse das Fundament seines lebenslangen Schaffens gelegt hatten. Und Kronprinz und ich stehen beiläufig in der Vernissage rum und prosten Toms Eltern zu.

Modelliermasse hielt alles offen. Mochten die anderen Mütter sich zusammen tun und Fertigpackungen von Legomonstern kaufen, wir schenkten etwas, mit dem Tom seine Welt gestalten konnte. Sparschwein, Igel, Vogeltränke, Handgranate ...
Wenn die Gäste abgeholt waren, fegte Tom - dessen war ich mir sicher - mit einem Armstreich die Legomonster vom Tisch und fing an zu kneten und zu spachteln.

Leider hatte ich mir nicht aufgeschrieben, welche Kinder "Utas Stiftung zur Förderung der Modellierkunst von Grundschülern" schon beglückt hatte. Und so begab es sich, dass Kronprinz im Folgejahr von Toms Party zurückkehrte mit dem Hinweis, dass der Klotz vom Vorjahr noch unbearbeitet im Regal läge und Tom fragen ließe, ob er für die neue Lieferung etwas anderes haben dürfe.

Der arme Tom. Er musste denken, wir wollten ihn einmauern mit den gräulichen Briketts aus dem Bastelladen.

Nach diesem Rückschlag musste ich mich einem anderen Themenfeld zuwenden.

Meine neue Mission galt der Förderung der kindlichen Schreib- und Zeichenkunst. Ich begann bei meinen eigenen Kindern und schenkte ihnen Kladden aller Art: blanko, kariert, liniert. Daumengroß im Adventskalender, in Din-A5 als Reisetagebuch für den Urlaub oder in Din-A4 mit butterweichem Bleistift für hingeworfene Skizzen aller Art.

Spitzwegs armer Poet im Dachstübchen bekam eine neueVariante: der kleine Poet im Kinderzimmer.

Ich malte mir aus, was sich aus ihren Seelen alles seinen Weg bahnen könnte in diese Hefte, sah sie im Garten unter dem Apfelbaum hocken, den Bleistift im Mund, die Gedanken verloren in den Wolken. Sie sollten schreiben und zeichnen, wo sie gehen und stehen. Sie sollten Schöpfer sein, nicht Konsumenten.

Es braucht Langmut für diesen Weg. Beim gemeinsamen Ausmisten im Kinderzimmer finde ich regelmäßig die schönsten Kladden: die erste Seite beschrieben, die weiteren vollgekritzelt mit Peace-Zeichen und Herzen, die aussehen wie knackige Hintern. Daneben die Initialen von Freundinnen in Kombination mit BFF (=Best friend forever). Die hinteren Seiten leer oder herausgerissen für ausgelutschte Kaugummis.

Ich gebe trotzdem nicht auf und sammele Ideen für mehr Freude am Schreiben und Zeichnen.

Folgende gefallen mir am besten:

  • Einen Aufsatz des Kindes als kleines eigenes Buch beim Buchdrucker binden lassen.









  • Wenn ihr mit einem Kind für ein Diktat übt, lasst es den Text mit Bleistift oder Tinte schreiben und markiert die Fehler mit Klebepunkten. Dann kann das Kind die Fehler im Text korrigieren. Ein Punkt nach dem anderen verschwindet wie die Wunschpunkte beim Sams und das Kind freut sich am Ende an dem makellosen Schriftstück. (Idee der Lehrerin Sabine Czerny aus GEOWISSEN, Nr. 44)





Immer schön fröhlich kleine Schöpfer unterstützen

Uta