Sonntag, 30. September 2012

Glückliche Familie Nr. 86: Ein Klumpen Zutrauen


Ich habe ein Faible für ambitionierte Geschenke. Als Kronprinz (bald 15) in der dritten und vierten Klasse war, habe ich als Geschenk für Kindergeburtstage gerne Modelliermasse verschenkt. Das macht nicht viel her, aber mit einem Spachtel dazu blieben wir knapp unter der Obergrenze von 8 €, die ich für solche Geschenke angesetzt hatte.

Es ging aber nicht um das Geld, sondern um die Investition in das kreative Potenzial des beschenkten Kindes. So eine Packung Modelliermasse ist ein Klumpen Zutrauen.

Zutrauen in Tom zum Beispiel, einem begabten Klassenkameraden von Kronprinz. Ich sah Tom schon seine erste Ausstellung eröffnen und uns in seiner Ansprache dafür danken, dass wir mit Modelliermasse das Fundament seines lebenslangen Schaffens gelegt hatten. Und Kronprinz und ich stehen beiläufig in der Vernissage rum und prosten Toms Eltern zu.

Modelliermasse hielt alles offen. Mochten die anderen Mütter sich zusammen tun und Fertigpackungen von Legomonstern kaufen, wir schenkten etwas, mit dem Tom seine Welt gestalten konnte. Sparschwein, Igel, Vogeltränke, Handgranate ...
Wenn die Gäste abgeholt waren, fegte Tom - dessen war ich mir sicher - mit einem Armstreich die Legomonster vom Tisch und fing an zu kneten und zu spachteln.

Leider hatte ich mir nicht aufgeschrieben, welche Kinder "Utas Stiftung zur Förderung der Modellierkunst von Grundschülern" schon beglückt hatte. Und so begab es sich, dass Kronprinz im Folgejahr von Toms Party zurückkehrte mit dem Hinweis, dass der Klotz vom Vorjahr noch unbearbeitet im Regal läge und Tom fragen ließe, ob er für die neue Lieferung etwas anderes haben dürfe.

Der arme Tom. Er musste denken, wir wollten ihn einmauern mit den gräulichen Briketts aus dem Bastelladen.

Nach diesem Rückschlag musste ich mich einem anderen Themenfeld zuwenden.

Meine neue Mission galt der Förderung der kindlichen Schreib- und Zeichenkunst. Ich begann bei meinen eigenen Kindern und schenkte ihnen Kladden aller Art: blanko, kariert, liniert. Daumengroß im Adventskalender, in Din-A5 als Reisetagebuch für den Urlaub oder in Din-A4 mit butterweichem Bleistift für hingeworfene Skizzen aller Art.

Spitzwegs armer Poet im Dachstübchen bekam eine neueVariante: der kleine Poet im Kinderzimmer.

Ich malte mir aus, was sich aus ihren Seelen alles seinen Weg bahnen könnte in diese Hefte, sah sie im Garten unter dem Apfelbaum hocken, den Bleistift im Mund, die Gedanken verloren in den Wolken. Sie sollten schreiben und zeichnen, wo sie gehen und stehen. Sie sollten Schöpfer sein, nicht Konsumenten.

Es braucht Langmut für diesen Weg. Beim gemeinsamen Ausmisten im Kinderzimmer finde ich regelmäßig die schönsten Kladden: die erste Seite beschrieben, die weiteren vollgekritzelt mit Peace-Zeichen und Herzen, die aussehen wie knackige Hintern. Daneben die Initialen von Freundinnen in Kombination mit BFF (=Best friend forever). Die hinteren Seiten leer oder herausgerissen für ausgelutschte Kaugummis.

Ich gebe trotzdem nicht auf und sammele Ideen für mehr Freude am Schreiben und Zeichnen.

Folgende gefallen mir am besten:

  • Einen Aufsatz des Kindes als kleines eigenes Buch beim Buchdrucker binden lassen.









  • Wenn ihr mit einem Kind für ein Diktat übt, lasst es den Text mit Bleistift oder Tinte schreiben und markiert die Fehler mit Klebepunkten. Dann kann das Kind die Fehler im Text korrigieren. Ein Punkt nach dem anderen verschwindet wie die Wunschpunkte beim Sams und das Kind freut sich am Ende an dem makellosen Schriftstück. (Idee der Lehrerin Sabine Czerny aus GEOWISSEN, Nr. 44)





Immer schön fröhlich kleine Schöpfer unterstützen

Uta

Freitag, 28. September 2012

Glückliche Familie Nr. 85: Meerschwein und Professor



In Post Nr. 84 hatte ich geschrieben:

Wenn wir Frauen allzu sehr aufgehen in dem fröhlichen Kindertrubel, laufen wir Gefahr, unseren Partner in der Wichtigkeit hinter dem Meerschweinchen einzusortieren.*

Der Satz hat meine Leserin, die Illustratorin M. Garanin, zu diesem Bild inspiriert. Sie hat mir erlaubt, es auf mein Blog zu stellen. Ich habe mich so gefreut. Danke!



Ihr müsst mal ihr Blog besuchen. Es heißt Eine Zeichnung pro Tag. Ich habe es abonniert. Jeden Tag so eine anrührende Zeichnung oder ein tolles Foto. Das ist wie ein Ganz-Jahres-Adventskalender.

Bei einem meiner nächsten Themen werden auch Tiere vorkommen.

Ich habe mir ein Buch bestellt von dem Bindungsforscher Karl H. Brisch. In der Ankündigung las ich, dass Brisch mit dem neuen Hund der Familie eine Hundeschule besucht hat. Dort lernte er, jedes Gähnen des kleinen Kerls zu deuten und sagte sich: Ist das nicht krank, dass wir bei einem Tier die kleinste Zuckung studieren, aber bei unseren eigenen Babys und ihrem Verhalten häufig ahnungslos sind.

Aus dieser Erkenntnis hat er das Eltern-Training "Safe" entwickelt und in einem Buch beschrieben. Jeden Moment kann der Paketbote klingeln und es mir bringen. Ich werde es mir einverleiben und euch davon berichten.

Ein Professor inmitten gähnender Welpen: Liebe Zeichnerin, regt sich da was?

Immer schön fröhlich bleiben

Uta

PS: Danke für das Herzchen-Drücken bei den Brigitte-Mom-Blogs und die vielen lieben Kommentare in letzter Zeit!

* So ähnlich hat es die Trainerin Maria B. Craemer ausgedrückt.

Mittwoch, 26. September 2012

Glückliche Familie Nr. 84: Besseres Blutbild


Mein Mann dringt seit langem darauf, dass ich über gutes Zuhören schreibe. Da ich aber aus unserem Alltag kein Beispiel dafür habe, liegt das Thema auf Eis.

Ich lauere jetzt immer auf eine Situation, in der ich lausig zugehört habe, damit ich schildern kann, welche fatalen Folgen das für die Kinder hat.

Aber es ist wie mit dem blauen Elefanten, an den man nicht denken soll ("Nein, ich denke nicht an den blauen Elefanten. Blauer Elefant. Nein, ich denke nicht, an ....").

Und wenn man auf eine "Schlecht-zugehört-Situation" wartet, kann man plötzlich gar nicht mehr anders als "gut zuhören".

Seither haben wir zu Hause eine Harmonie, die schlecht für das Schreiben ist.

Ihr wisst, dass aus seelischem Leid die größte Literatur wird.

Hermann Hesse zum Beispiel: Ohne seine furchtbare Kindheit in einer Besserungsanstalt wäre aus ihm nie ein großartiger Schreiber geworden.

Sorgt Zuhören dafür, dass Familie besser funktioniert?

Auf jeden Fall.

Ein gutes Beispiel für wirkliches Zuhören ist der Shooting-Star unter den Pädagogen, ist der Familienberater Jesper Juul. Ich habe ihn vor zwei Jahren bei einem Vortrag an der Uni Hamburg gehört. Wenn ihm jemand eine Frage stellte, verging so viel Zeit der Stille und des Nachdenkens, dass ich in der Zeit mit dem Fuß meine Tasche angeln, ein Eukalyptus-Bonbon herausholen und es in aller Ruhe aus dem Papier drehen konnte. Erst dann kam die Antwort des gemütlichen Dänen. Dass sich jemand in aller Öffentlichkeit so viel Zeit zum Nachklingen der Worte eines anderen nahm, war das Beeindruckendste an der ganzen Veranstaltung.

Mein Freundin sagte neulich, dass die Fähigkeit zum Zuhören für sie einer der wichtigsten Gründe für eine Freundschaft ist. "Man hat es doch oft mit Menschen zu tun, die das, was du sagst, nur als Stichwort für ihren eigenen Monolog verwenden." Mit so jemanden, sagte sie, könne sie keine engere Verbindung aufbauen.

Ich habe recherchiert, ob es Methoden gibt, mit denen Zuhören besser gelingt. Dabei bin ich auf das Zwiegespräch nach Michael Lukas Moeller gestoßen. Das ist eine Methode aus der Paartherapie (hier sehr schön erklärt) und geht so:

  • Die Partner vereinbaren einen festen Termin pro Woche.
  • und gleich einen Ersatztermin (Rausmogeln gilt nicht).
  • Sorgen für Ungestörtheit: keine Kinder, kein Telefon, keine Smartphone-Signale für eingehende Nachrichten, kein TV, keine Ablenkungen ...
  • Sie legen eine Uhr bereit.
  • Jeder bekommt 15 Minuten Zeit.
  • In dieser Zeit redet die Person nur über sich selbst (heißt: nicht vorwurfsvoll über den anderen)
  • Der andere unterbricht nicht, hört nur zu, darf nicht einmal Verständnisfragen stellen.
  • Wenn jeder der beiden Partner jeweils 15 Minuten geredet hat, gibt es noch einmal 15 Minuten für den gegenseitigen Austausch. 
  • Dann ist Schluss, kein Nachgespräch! 

Das ist kein Damenbart, sondern ein Pflaster. Und das ist kein Stillleben aus unserer Puppenstube, sondern ein Bild mit Symbolgehalt. Es soll transportieren: Er hat Redezeit. Sie muss die Klappe halten. Keine Vorwürfe, kein Gejammer, nicht einmal Verständnisfragen. (Irgendwas läuft schief, wenn man Symbolbilder erklären muss.) 


Achtung! Ich muss davor warnen: Beim Zwiegespräch erfährt man wirklich etwas von dem anderen. Diese simple Technik hat schon Ehen gerettet. Sogar das Blutbild verbessert sich. Dazu gibt es Messungen.

Sie kann auch angewendet werden für Gespräche von Mutter/Vater mit Sohn/Tochter. 

Ich weiß nicht, ob mein Mann sich diesen Post so vorgestellt hat. Ich merkte aber beim Schreiben, dass er immer mehr zusteuerte auf das Thema "Dem Partner zuhören" statt "Dem Kind zuhören".

Wenn wir Frauen allzu sehr aufgehen in dem fröhlichen Kindertrubel, laufen wir Gefahr, unseren Partner in der Wichtigkeit hinter dem Meerschweinchen einzusortieren.

Immer schön fröhlich Zwiegespräche führen

Uta

Montag, 24. September 2012

Glückliche Familie Nr. 83: Viehtrieb und Familienessen



Wenn ihr die Nase davon voll habt, jeden Tag neues Essen heran zu schleppen, solltet ihr euch diesen Satz an den Kühlschrank hängen:

Kinder und Jugendliche, die mindestens 7x in der Woche mit der Familie zusammen essen, haben auffallend bessere Schulnoten als die, die das nur 2x oder seltener tun. Außerdem weisen sie ein niedrigeres Drogenrisiko auf, leiden weniger an Essstörungen und besitzen eine deutlich bessere Allgemeinverfassung.
(Untersuchung der Kinderärztin Maria Eisenberg zitiert in: Joachim Bauer, Lob der Schule. Hamburg 2007, S. 99f.)


Es würde mich nicht wundern, wenn die Familienesser später auch noch glücklichere Ehen führen, ihr Risiko für Darmkrebs niedriger ist und sie durchschnittlich häufiger zur Kommunalwahl gehen als die, die eine Allein-Esser-Kindheit hatten.

Ich bin ja nicht so wissenschaftsgläubig. Aber wenn mir ein Ergebnis ins Weltbild passt, muss ich das sofort bloggen.

Und wenn ich mal keine Lust habe, wieder für ein Essen zu sorgen, denke ich an das Zitat der Kinderärztin.

... oder ich denke an eine Szene aus dem Film "Der Pferdeflüsterer". Dort sitzt die ganze Verwandtschaft von Tom Booker, dem Pferdeflüsterer (gespielt von Robert Redford, schmacht) an einer langen Tafel draußen auf der Farm und feiert das Ende des Viehtriebs. Alle sind glücklich erschöpft von der Arbeit und genießen ein herrliches Barbecue unter einem alten Baum.

Leckeres Essen, Familie, Freunde, Lachen, Grillenzirpen, ... Braucht es mehr zum Glück?

So etwa:

Tafel in unserem Garten, das Vieh grast auf der Weide dahinter :-)


Nun reichen unsere zwei Katzen nicht für einen Viehtrieb. Und wenn ich den Kater einfangen und ihm das Brandzeichen unserer kleinen Doppelhaus-Gemarkung zischend auf den Hintern drücken würde, würde Prinzessin (11) nicht nur das anschließende Barbecue, sondern die Familienessen des nächsten Jahrzehnts boykottieren.

Auch ohne Viehtrieb habe ich mir Farm-Feeling ins Haus geholt: eine große Glocke aus Gusseisen. Ich habe sie unten an die Wand zum Treppenaufgang geschraubt und jedes Mal, wenn das Essen fertig war, kräftig geläutet. Ich habe kurz die Augen geschlossen und sah im Geiste alle aus den Stallungen und den Feldern herbei rennen. Und als meine Lieben vor der dampfenden Suppe saßen, habe ich den Brotlaib an den Busen gepresst und für jeden eine dicke Schnitte abgeschnitten.

Okay, ich habe so viel Oberweite, dass jedes Brot an meinen Rippen hart aufschlagen würde. Unsere Stallungen bestehen aus einem kleinen Gartenhaus für vier Drahtesel. Und das Geläut sorgte nicht für das Herbeirennen eine Großfamilie, sondern nur für Tinnitus bei zwei Großstadtkindern.

Aber das Feeling ...

Eines Mittags habe ich so heftig geläutet, dass die Verankerung aus der Wand gerissen ist und die Glocke eine tiefe Kerbe in eine Holzstufe geschlagen hat. Seither bimmele ich mit einem kleinen Glöckchen.

Also, was wollte ich sagen ... ach so:

Wegen der Schulnoten, der Drogen und der Allgemeinverfassung immer schön fröhlich Essen kochen und gemeinsam genießen

Uta

Mittwoch, 19. September 2012

Glückliche Familie Nr. 82: Rollator gepostet


Mein Mann meinte, das mit dem "Hermann" in meinem Post gestern sei ja lustig gewesen, aber er wisse immer noch nicht, wie man das bei Kindern umsetzt mit dem Grundsatz "Regeln statt Befehle".

Deshalb kommt jetzt ein Beispiel:

In den Herbstferien werde ich mit den Kindern für einige Tage zu den Großeltern reisen, die knapp vier Autostunden von uns entfernt wohnen. Mir ist es wichtig, eine intensive Zeit miteinander zu verbringen.

Variante 1: Ich lasse die Reise auf mich zukommen. Kaum sind wir dort angekommen, bin ich genervt, weil die Kinder mit ihren iPods verstöpselt im Wohnzimmer herumhängen, während ich mit meinen Eltern am Kaffeetisch sitze. Oder noch schlimmer: Sie sitzen körperlich vor dem Kuchen, sind aber geistig bei Facebook oder treiben virtuell Schafe zusammen.

Ich meckere rum, erteile Befehle. Die Geräte werde widerwillig weg gelegt, die Stimmung ist gereizt.

Variante 2: Ich setze mich mit den Kindern zusammen, bevor ich die Reise plane. Ich sage ihnen, dass wir zu Oma und Opa fahren und dass ich für unseren Aufenthalt eine Regel aufstellen möchte. Mein Vorschlag lautet: Beide iPods bleiben zu Hause, weil ich mir wünsche, dass wir mit Oma und Opa eine intensive Zeit erleben.

Dieses Gespräch hat schon stattgefunden und verlief so:
Die Kinder wollten auch eine intensive Zeit mit Oma und Opa, nannten aber ihrerseits Bedingungen.
Kronprinz wollte unter diesen Umständen nach drei Tagen zurück, weil er nicht länger auf Facebook fehlen könne.
Prinzessin wollte ihren iPod mitnehmen, aber nur während der Autofahrt benutzen, danach könne ich ihn einkassieren.
Ich schlug vor, dass ich stattdessen ein neue Drei-Fragezeichen-CD besorge.
Die reiche gerade mal bis zum Maschener Kreuz, wandte Kronprinz ein.
Einigung: Bei der Autofahrt sind iPods erlaubt. Danach nehme ich sie unter Verschluss und wir haben medienfreie Zeit mit Oma und Opa.

Das Verrückte ist ja:
Kinder lieben Regeln. 

Wenn wir welche vereinbart haben, sind es meist die Kinder, die auf ihre Einhaltung pochen. Sogar dann, wenn es zu ihrem Nachteil ist.

Zwar muss man sich die Mühe machen, sich zusammen zu setzen, Kompromisse auszuhandeln und die Ergebnisse festzuhalten. Ich mache aber immer wieder die Erfahrung, dass sich diese Anstrengung lohnt und wir dank der Regeln eine gute Zeit miteinander haben. (Man darf es nur nicht zu verbissen sehen.)

Der wichtigste Punkt ist, die Meinung der Kinder (je älter, desto mehr) zu hören, ernst zu nehmen und nicht ohne ihre Zustimmung zu agieren.

Apropos Zustimmung. Oma und Opa haben unserer Regel noch gar nicht zugestimmt.




Mist!!!










Immer schön fröhlich bleiben

Uta

Dienstag, 18. September 2012

Glückliche Familie Nr. 81: Hermann und die Kettenbriefe


Es gibt Ketten-Briefe, Ketten-Mails und sogar Ketten-Kuchen. Der Ketten-Kuchen ist ein Teig namens "Hermann", den es über mehrere Tage mit diversen Zutaten zu füttern gilt  und nach knapp einer Woche gebacken wird. Die mehrtägige Pflege ("Wer ist eigentlich dran mit Hermann-Füttern?") dankt einem der gebackene Hermann mit einer klebrig-schweren Konsistenz.

Die Geschichte von "Hermann" endet mitnichten damit, dass man ihn aufgegessen hat. Vor dem Backen teilt man den Teig in drei Teile. Teil zwei und drei sind seine Kinder. Laut Anleitung ist man gehalten, das Rezept zu kopieren und kleine Hermanns an andere Familien weiter zu reichen.

Da mir diese Form von Zwangsbeglückung unangenehm ist und mir niemand im Bekanntenkreis einfiel, mit dem ich eine Rechnung offen hätte, blieb der Hermann-Wurf in Tupperschüsseln auf unserem Schrank stehen. ("Kann jemand heute Hermann und Hermine füttern?")

Ich weiß nicht, was in den beiden vorging. Es sind wohl Gärungsprozesse. Auf jeden Fall wuchsen die Teig-Geschwister auf dem Schrank wie verrückt und der Tag des Backens rückte wieder näher.

Wollte ich zwei klebrig-brackige Kuchen und vier gefrässige Teiglinge?

Ich fing an, eine Roald-Dahl-Kurz-Geschichte zu träumen. Teig schwappte aus den Schüsseln auf dem Küchenschrank, füllte das Esszimmer, riss die Stehlampe mit ... Die Kinder ruderten oben auf dem Teig-Tsunami. Und wir Eltern konnten ihnen nicht helfen, weil mein Mann zentnerweise Mehl aus dem Kofferraum lud und ich im Copy-Shop Hermann-Ketten-Briefe kopierte. Ein Albtraum.



Backformen für den H-Wurf


Schließlich erbarmte sich der Sohn einer Freundin und nahm Hermann mit nach Hause. Hermine schläferten wir ein durch Mehl- und Eier-Entzug.

Ob Ketten-Kuchen oder Ketten-Mail - wenn wir auf diese Weise beglückt werden, berührt es uns unangenehm, weil wir uns an Regeln halten sollen, denen wir nicht zugestimmt haben. Und wenn wir nicht weiter backen, mailen oder Briefe kopieren, fühlen wir uns auch noch als Spielverderber.

Es gilt aber:

Regeln, denen wir nicht zugestimmt haben, sind Befehle.
Maria u. Stephan Craemer 


Besonders wenn es um so hehre Ziele wie die Befreiung politischer Häftlinge, Protest gegen Zwangsbeschneidung oder die Bekämpfung von Hunger geht, fühlt man sich bei Ketten-Aktionen ganz schlecht, weil über einem auch noch die moralische Keule schwingt.

Das mit den Regeln, die eigentlich Befehle sind, gilt auch für die Kindererziehung. Spätestens im Laufe der Grundschulzeit muss ich Regeln mit den Kindern abstimmen, sondern funktionieren sie nicht oder nur mit Zwang.

Immer schön fröhlich bleiben

Uta


PS: Ich bin bei der Brigitte-Mütter-Blog-Aktion dabei. Wenn ihr weiter oben rechts auf den grünen Button klickt, kommt ihr zu meinem Blog bei "Brigitte". Wenn ihr mögt, könnt ihr dort für mein Blog auf das Herz klicken. Vielleicht habt ihr auch Lust mit zu machen, es ist keine Ketten-Aktion.


Sonntag, 16. September 2012

Glückliche Familie Nr. 80: Federmäppchen-Splitterbombe


Ich habe eine Leserzuschrift bekommen. Bettina schreibt:

Unser Sohn wird nächsten Monat 10 und geht in die 4. Klasse. Bei meiner Frage geht es um die Hausaufgaben. Wie kann man es schaffen, dass ein kleiner Träumer konzentriert seine Hausaufgaben macht. Unser Prinz lässt sich so schnell ablenken - ich denke von seinen Gedanken, er hat immer irgendwie etwas anderes zu tun und es fehlt ihm einfach die Motivation und Konzentration seine Hausaufgaben zügiger zu machen. Er kann natürlich gerne zwischen den Fächern Pausen machen, aber die Hausaufgaben halten sich doch hier in Grenzen und es sind selten richtig viel. Es tut mir immer so leid, wenn er vor ein paar Matheaufgaben so lange sitzt und die Zeit eigentlich vertrödelt. Er hat keine Schwierigkeiten mit Mathe an sich - da hat er eine gute 2 - …..weißt Du ein bisschen was ich meine? 


Ein bisschen?

Als Kronprinz in die Grundschule ging, blieb er nur unter der Bedingung vor seinen Hausaufgaben sitzen, wenn ich ihn zwischen den Schulterblättern kratzte. Dann döste er selig über dem Heft, und wenn ich Glück hatte, rechnete er mal ein Päckchen Aufgaben.

Warum sollte er sich abgeben mit 82 : 9 = 9 R 1, wenn die Grundlagenforschung über die Hüpfhöhe von Radiergummis noch in den Kinderschuhen steckt?

Was ist mit den Flugeigenschaften von Löschpapier? Mit Tesafilm am Cockpit verstärkt, schafft es der A-380 von "Kronprinz-Air" solide bis zum Terminal 2 auf dem Sideboard.

"Du kannst doch Mathe schnell fertig machen und dann hast du alle Zeit der Welt, Flieger zu basteln", sagte ich mit mütterlicher Restgeduld. "Ich stelle dir die Digitaluhr auf den Tisch und wette, dass du keine fünf Minuten brauchst, um die Seite fertig zu rechnen."

Oh, meine Güte, die Digitaluhr. Unsereiner benützt sie beim Backen. Aber für einen Neunjährigen ist sie der Zeitzünder der Federmäppchen-Splitterbombe.
"Krass, Mama, danke! Was meinst du, sollte das Mäppchen nach 60 Sekunden explodieren oder schon nach 20 Sekunden?"


Hausaufgaben? Da habe ich noch ein paar andere Ideen - Kronprinz mit 9 Jahren


Bettina, was soll ich dir raten?

Ich kann dir eine Faustregel nennen:
Kinder können sich nur so lange konzentrieren wie das Zweifache ihre Alters, 9jährige also nur ungefähr 18 Minuten am Stück. Danach brauchen sie eine kleine Entspannung oder Abwechslung.  
(nach Adolf Timm in "Gesetze des Schulerfolgs")

Lass deinen Junior nach der Schule 20 Minuten Hausaufgaben machen und schicke ihn nach draußen zu seinen Freunden. Wenn die 20 Minuten nicht gereicht haben, darf er den Rest am Vorabend vor seiner KiKa-Lieblingssendung erledigen.

Mit einer 2 in Mathe ist er ein guter Schüler. Also kein Grund zur Sorge. 

Freue dich an deinem Träumer und macht euch keinen Stress.

Den wichtigsten Rat habe ich damals von der Grundschullehrerin meines Sohnes bekommen, eine warmherzige Frau in ihrem letzten Jahr vor der Pensionierung: 

"Lassen Sie sich von den Hausaufgaben nicht die Beziehung zu Ihrem Kind kaputt machen."

Im Elterngespräch hatten wir vereinbart, dass ich ihr eine kleine Notiz ins Heft lege, wenn Hausaufgaben nicht fertig wurden wegen der Freunde, den Papier-Airbus-Aufträgen oder den Splitterbomben.

Und in der Schule hatte sie ihm ein kleines Heftchen auf den Tisch gelegt, damit er sich die Ideen für den Nachmittag hineinschreiben und dann wieder besser auf den Unterricht konzentrieren konnte.

Liebe Frau Groß, an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön von Ihrer

heute immer fröhlich bleibenden

Uta

PS: Aus Kronprinz (heute fast 15) ist ein Gymnasiast geworden mit einem guten Zwei-Schnitt.



Freitag, 14. September 2012

Glückliche Familie Nr. 79: Der Ernst des Lebens


Das ist der Vater von Annette.


Illustration: Ingrid Kellner, Ausschnitt aus dem Buch



Das ist Annettes Mutter.

Illustration: Ingrid Kellner, Ausschnitt aus dem Buch


Beiden steht der Ernst des Lebens ins Gesicht geschrieben. 

Und das ist Annette.

Illustration: Ingrid Kellner, Ausschnitt aus dem Buch


Ihr werde der Spaß noch vergehen, sagen die Eltern.

"Warte mal ab, bis du sechs bist und in die Schule kommst. Dann beginnt der Ernst des Lebens." 

Alle sagten das, auch die große Schwester.

Der erste Schultag nahte und endlich lernte Annette den Ernst kennen. 

Er war blond, lieh ihr seine Buntstifte und schrieb bei Annette ab.

Als Annette zum ersten Mal mit Ernst verabredet war, sagte sie zu den Eltern:
 "Heute kommt der Ernst des Lebens zu mir. Seid bitte freundlich zu ihm!"


Diese Geschichte stammt aus dem zauberhaften kleinen Bilderbuch "Der Ernst des Lebens" von Sabine Jörg und Ingrid Kellner.

Jetzt, wo überall die Schule wieder begonnen hat, solltet ihr es unbedingt zur Hand nehmen, zu Herzen nehmen oder verschenken.

Immer schön fröhlich bleiben

Uta 

PS: Ich danke Anne, die den "Ernst des Lebens" Kronprinz zur Einschulung schenkte.

Montag, 10. September 2012

Glückliche Familie Nr. 78: Der Quintenzirkel


Heute bin ich mit einem Gefühl der Dankbarkeit für dieses Post von Joanna aufgewacht. Darin schreibt sie, dass es nicht darauf ankommt, was wir tun, sondern mit welcher Energie wir etwas tun.

Ihre Worte haben bei uns eine Situation messbar verändert.

Wie mächtig Worte sind.

Wir haben gestern Freunde besucht, deren Tochter die gleiche Klasse besucht wie unsere Prinzessin (11). Als der Pflaumenkuchen gegessen war und wir uns wieder auf die Fahrräder schwingen wollten, sagte der andere Papa zu Prinzessin: "Na, kannst du schon den Quintenzirkel?"

Wir: "Quintenzirkel? Welcher Quintenzirkel?"

"Ja, wisst ihr denn nicht", sagte der andere Papa, "die Mädchen schreiben doch morgen eine Musik-Arbeit."

Prinzessin drehte an ihrem Zahlenschloss herum, als könnte sie sich mit der richtigen Kombination in Luft auflösen. Mein Mann sprang ärgerlich auf sein Rennrad: "Ich hatte dich doch gefragt, ob du für morgen noch etwas tun musst", fuhr er sie an, "und da hast du gesagt: 'nur Französisch'."

Ich winkte den Freunden zu und atmete kräftig in meinen Solarplexus.

Dazu muss man wissen, dass wir vorzeitig bei den Freunden aufgebrochen waren, weil Prinzessin noch mit einer anderen Freundin ins Kino (der Film hat UFSK 8) wollte. Für das Lernen war nach dem Kino so gut wie keine Zeit mehr.

Zu Hause behauptete unsere Tochter, sie hätte wirklich nicht mehr an den Musiktest gedacht. Und weil wir es besser finden, ein Fräulein Sorglos zu haben als ein Kind, das sich das ganze Wochenende wegen einer Schularbeit verrückt macht, ließen wir sie mit ihrer Freundin und deren Mutter in den Filmpalast ziehen.

Um 20 Uhr war Prinzessin Popcorn wieder zurück, und ich habe ihr geholfen, den Quintenzirkel und die Dur-Tonarten zu lernen.

(Habt ihr auch folgende absurde Situation? Alle Lehrer sagen, das Kind solle selbständig seine Hausaufgaben machen, und alle Eltern stimmen zu. Kaum sind sie aber zu Hause, wird wieder zusammen gelernt oder der Nachhilfelehrer gebucht. Jeder weiß, dass sich alle anderen auch nicht daran halten, und lässt sein eigenes Hascherl nicht untergehen in der überfordernden G8-Monsterschule.)

Es kommt aber gar nicht darauf an, ob wir helfen oder nicht, sondern wie wir helfen.

Deshalb schreibe ich jetzt über die Situation, die die Joanna-Worte messbar verändert haben.

Ihre Worte waren:

Das Entscheidende im Leben ist die ENERGIE, die hinter den Dingen steht.
Die Atmosphäre, die sie umgibt.
Das, was man mit seinem Herzen wahrnimmt, das, was man spürt.
(Und mit Spüren nenne ich nicht das Gefühls-Spüren, sondern tief innen in dir drin).


Während Prinzessin im Kino saß, tankte ich gute Energie von tief innen drin und nahm mir vor, diese Dreiviertelstunde Nähe zu meiner Tochter zu genießen und der Sorge über den Ausgang eines Musiktests keine Macht zu geben.

So setzte ich mich zu Prinzessin und dem Quintenzirkel an den Küchentisch.

Es zeigte sich, dass sie ein solides Halbwissen von Musiktheorie hatte. Wir freuten uns an der Symmetrie verschiedenster Tonleitern. Und sie fand selber eine Eselsbrücke, um die Paralleltonarten zu bestimmen. Wir lachten über "fis, cis, schiss". Und ich genoss es, mich mit ihr über das Lexikon zu beugen und dezent an ihrem Nacken zu schnuppern, ihre schmalen Finger zu studieren, wenn sie mit neonpink-lackierten Nägeln über die Notenlinien fuhr.

Dieser Finger ist von mir, weil Prinzessins Finger gerade in der Schule ist und einen Musik-Test schreibt. 


Es gab keinen Stress, keinen Ärger - wie sonst schon mal. Wir hatten eine innige Zeit.

Danke Joanna!

Immer schön fröhlich bleiben

Uta

Samstag, 8. September 2012

Glückliche Familie Nr. 77: Utas Freiwillige Selbstkontrolle


Bei der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) der Filmwirtschaft arbeiten 190 Menschen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Es sind Ehrenamtliche, berufen für drei Jahre.

Auch wenn ich verdienstvoll finde, was sie tun, bin ich häufig anderer Meinung als diese 190 Menschen.

Es war an einem Abend vor einigen Jahren. Mein Mann und ich wollten ausgehen. Und die Kinder, damals fünf und acht Jahre alt, sollten den Abend mit einer Babysitterin verbringen. Vorher hatte ich aus der Kinderabteilung der öffentlichen Bücherhalle eine Zeichentrick-Film mit FSK 0 ausgeliehen. Ich dachte: FSK 0 + Bücherhalle = pädagogisch wertvolles Kino schon für die Kleinsten.

Mitnichten. In dem Streifen, eine Produktion der chinesischen Filmwirtschaft, entriss eine Monsterbande ein kleines Mädchen den Händen seiner Eltern und brachte das schreiende Kind zur Zwangsarbeit in eine Fabrik. Dort wurden weitere Kinder gefangen gehalten. Und wer zu fliehen versuchte, lief Gefahr, in einem riesigen Bottich mit heißem Käse zu ertrinken.

Seither - wenn ich es irgendwie schaffe - , unterziehe ich Filme, die unsere Kinder sehen wollen, der UFSK (Utas Freiwilliger Selbstkontrolle, auch ehrenamtlich).

Am vergangenen Wochenende hatten mein Mann und ich "Couchgeflüster" aufgezeichnet und überlegten, ihn zusammen mit Prinzessin (11) zu gucken. In "Couchgeflüster" ermuntert die Psychotherapeutin Lisa (Meryl Streep) ihre Patientin Rafi (Uma Thorman), ihre leidenschaftliche Beziehung zu einem 16 Jahre jüngeren Mann fortzusetzen, bis sie entsetzt feststellt, dass es sich um ihren eigenen Sohn handelt. Super Film, sehr komisch, mit hinreißenden Darstellern.

Vorher hatte ich im Internet nachgeschaut: die deutsche Kontrolle gab "FSK 0", die Amerikaner "ab 13". Und wir schickten Prinzessin ins Bett.
Nun ist der Film harmlos, aber mein Mann und ich konnten sehr viel unbeschwerter über die sexuell freizügigen Dialoge lachen, als wenn die Elfjährige dabei gewesen wäre.

Ich finde, dass Kinder möglichst lange Kinder bleiben sollen, deshalb ist die UFSK häufig strenger als die FSK.

Man hat immer wieder die Situation, dass wir Erwachsenen uns einen netten Abend mit einem Film machen möchten und am anderen Tag ist schulfrei und man denkt: "Ach, es wäre doch nett, wenn die Kinder sich auf der Couch dazu kuscheln und einfach mit sehen."

Bitte nicht bei "Das Haus am Meer" mit Kevin Kline und Kristin Scott Thomas.

Die Geschichte: Sam (ca. 16) lebt unglücklich bei seiner Mutter und ihrem neuen Mann. Als die Mutter gar nicht mehr an ihn heran kommt, holt sein Vater George ihn zu sich. Beide sind sich fremd geworden. Und Sam interessiert sich nur noch dafür, wie er die nächsten Drogen beschaffen kann. George aber, der gerade erfahren hat, dass er unheilbar krank ist, erkämpft sich neu die Nähe zu seinem Sohn. Zusammen bauen sie ein Holzhaus am Meer.

Das ist ein tief bewegender Film und ich würde ihn in der Vorschule gucken lassen, wenn nicht die erste Viertelstunde eine detaillierte Anleitung enthalten würde, wie man sich im Zimmer einschließt und Drogen nimmt oder durch Würgen mit einem Gürtel sexuelle Grenzerfahrungen macht. Die FSK gibt ihn frei ab sechs Jahren, die UFSK sagt: frühestens ab 14.

Gestern habe ich im Internet nach einem Film gesucht, den wir vor Jahren aus der Videothek ausgeliehen hatten und der die Kinder, meinen Mann und mich ganz verzaubert hatte. Das ist der Lieblings-Familien-Film der UFSK. Er heißt "Schweinchen Wilbur und seine Freunde".
Die Geschichte: Das Ferkelchen Wilbur, das Schwächste des Wurfs, soll geschlachtet werden. Aber Farmerstochter Fern (Dakota Fanning) rettet es und bringt es auf einer Nachbarsfarm unter. Dort droht ihm das gleiche Schicksal, bis ausgerechnet die kluge Spinne Charlotte eine Überlebensstrategie ersinnt.
Der Film ist traurig, lustig, tiefgründig und voller Lebensweisheit. Er ist ohne Altersbeschränkung frei gegeben. Ich würde ihn aber erst mit Kindern ab 6 gucken, weil er für Kleinere emotional zu erschütternd ist.
Hier bekommt ihr einen Eindruck:




Immer schön fröhlich bleiben

Uta

Dienstag, 4. September 2012

Glückliche Familie Nr. 76: Put-ZEN


Die Waschmaschine erbricht immer neue Wäsche*.

In der Kiste mit den Sachen, die zu flicken sind, hat eine Hose Junge geworfen.

Die Pfandgläser im Haushaltsschrank wollen die höchste Pfandgläserpyramide der Welt werden.

Unsere Schuhe sind alle bei Facebook. Dort laden sie andere Schuhe ein zur Steh-Party in unserem Flur.

Die wilden Brombeertriebe in unserer Einfahrt spielen mit mir "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?". Ich schaue sie an und sie sind starr. Aber kaum drehe ich ihnen den Rücken zu, wachsen sie fünf Zentimeter in der Minute.

Ist die Haus- und Gartenarbeit nur eine Abfolge täglich quälender Arbeiten, die nie ein Ende finden?

Nein.

Wie immer entscheidet sich im Kopf, wie wir das erleben.

Am vergangenen Samstag kehrte ich innerlich ganz aufgewühlt vom Einkaufen zurück. Mein Mann und ich hatten andere Eltern aus der Klasse von Prinzessin (11) getroffen. In unserem Gespräch am Rande des Wochenmarkts ging es hoch her, weil gerade ein paar Jungs den Klassenfrieden stören.

Mich machen solche Gespräche ganz kribbelig, weil ich tausend Ideen im Kopf habe, wie man die Situation lösen könnte, aber dann komme ich nicht zu Wort oder niemand hört richtig zu. Und dann möchte ich am liebsten um mich werfen mit den fetten Fleischtomaten aus unserem Einkaufskorb.

Als wir endlich wieder zu Hause waren, habe ich die alten Blätter im Rhododendron-Beet zusammen gekehrt. Den Rechen vor und wieder zurück, vor und wieder zurück. Die Metallfinger ziehen feine Streifen in den Sand. Rechen vor und wieder zurück. Ich höre nur das Rascheln der trockenen Blätterröllchen. Rechen vor und wieder zurück. Meine Gedanken ordnen sich wie die Blätter im Beet. Argumente bilden kleine Haufen, Aggressionen wandern in die grüne Tonne.

Das ist der Beweis dafür, dass sich in unserem Kopf entscheidet, wie wir erleben, was wir tun.

Hatte ich mich zwei Tage vorher noch geärgert, dass schon wieder so viele Blätter im Beet liegen, freute ich mich jetzt an jedem Unrat, den ich irgendwo aufsammeln und in die Tonne tun konnte.

Da fiel mir ein, dass ich in der CoachingAcademie eine neue Schreibweise des Wortes Putzen gelernt hatte:


put -Z E N


Put-ZEN im Garten

Ich finde Hausarbeit sogar wohltuend, wenn ich für Abwechselung sorge, für Wechsel zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, für Wechsel zwischen Arbeit im Haus und draußen. Und wenn ich merke, dass ich einen großen inneren Widerstand gegen eine Arbeit habe, höre ich auf und tue etwas anderes.

Vielleicht ist dann diese Arbeit genau die Richtige, wenn ich das nächste Mal von einem Elterntreffen komme.

Immer schön fröhlich bleiben

Uta


* Zitat meiner Schwester Nr. 2