Sonntag, 12. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 6: Das Ende des Geschwisterstreits

Dieser Blog hat ein Ziel: Eltern sollen mit seiner Hilfe "entspannlich" leben können. "Entspannlich" ist eine Wortschöpfung unseres Sohnes, als er drei Jahre alt war. Ich saß im Zimmer bei Kerzenschein und Kaffee und er sagte: "Hier ist es aber entspannlich, Mama."

Ich bin in mich gegangen und dort auf ein Thema gestoßen, das Eltern am häufigsten die "Entspannlichkeit" raubt: Geschwisterstreit. Ist Euch aufgefallen, dass es oft die liebenswertesten Eltern sind, die sich mit diesem Problem herumschlagen? Eltern, die Bücher lesen wie "Das Zwiegespräch, Büchsenöffner für die Seele" oder "Therapie des Umarmens". Sie haben noch nicht das Vorwort zu Ende gelesen und im Haus ist ein Geschrei, als würde "Stirb langsam, Folge zwei" gedreht.

Dafür gibt es eine Lösung. Es gibt für wenige Erziehungsfragen wirklich eine Lösung, aber wenn man eine weiß, darf man damit nicht länger hinterm Blog halten.
Also was echt funktioniert, ist: RAUSHALTEN.

Ja, mischt euch nicht ein. Macht den Kindern klar, dass euch eure Zeit zu schade ist, um den Schlichter zu spielen. Nehmt euch ein gutes Buch und Ohrenstöpsel und schließt euch im Bad ein oder geht spazieren. Ich bin mir sicher, nach eurer Rückkehr herrscht Frieden. Bei Streit im Auto bin ich früher an den Rand und erst weiter gefahren, wenn das Scharmützel auf der Rückbank vorbei war.

Für Kinder ist Streit eine verlockende Möglichkeit herauszufinden, auf welche Seite sich Mama oder Papa schlagen. Tappt nicht in diese Falle. Meistens kennt man die Vorgeschichte nicht und ist auf wackelige Zeugenaussagen angewiesen, um den Sachverhalt beurteilen zu können.

Im Urlaub habe ich Folgendes belauscht: Tom, sechs Jahre alt, baute eine Autobahn in der Sandkiste. Gerade war ein gewagter Alpenpass festgeklopft worden, als Theresa, 4, der Schrecken aller Straßenbauer, mit einem Stock tiefe Löcher in das Fundament bohrte. Der Bauleiter riss ihr den Stock weg, die Kleine rannte heulend zur Mutter. "Toooom, hat mir den Stock weggenommen!" Schnappatmung, sandige Tränenrinnsale auf beiden Wangen, das ganze Programm.
Was jetzt kommt, haben wir alle schon gemacht: Mutter marschiert genervt zu Tom, sagt einen der Ich-habe-dir-schon-tausendmal-gesagt-Sätze. Jetzt heult Tom, wirft mit Sand. Mutter schleift ihn hinter sich ins Haus. Klein-Theresa sitzt selbstzufrieden in den Trümmern des alpinen Autobahnkreuzes.

Bei einer Mutter, die an Gerechtigkeit glaubt, hätte das noch länger gedauert. Sie hätte klären wollen, wer angefangen hat, hätte Tom gepredigt, er müsse Rücksicht nehmen, weil die Schwester kleiner, schwächer, ein Mädchen sei ... was auch immer. Das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen. Nur Theresa hätte gelernt, welche immensen Vorteile diese Opfer-Nummer hat.

Auch der amerikanische Psychologie-Professor Wayne Dyer rät, sich aus Streitigkeiten der Kinder konsequent herauszuhalten und sich an einen ruhigen Ort zu begeben. „Tun Sie dies zwei Wochen lang und Sie werden feststellen können, dass man Sie nicht ständig damit überfällt, jede kleine Meinungsverschiedenheit in Ihrer Familie schlichten zu müssen.... Die überragende Mehrheit dieser Auseinandersetzungen findet Ihretwillen statt, und Sie sind der Leidtragende, wenn Sie in diese Falle tapsen. Zeigen Sie allen Beteiligten, dass Sie sich für zu wichtig halten, als dass Sie hinter kleinen Kindern herlaufen und ihre ganzen Bewegungen beobachten, so dass Sie darüber entscheiden können, wer was falsch gemacht hat und wer nicht.“ (aus Wayne W. Dyer: Glück der positiven Erziehung, gibt es nur noch gebraucht und zwar hier)

Was wollt ihr auch tun, um zu richten? Wollt ihr den kleinen Täter auf die Bibel schwören lassen, um der Wahrheit näher zu kommen, und das Mädchen, das gepetzt hat, ins Zeugenschutzprogramm aufnehmen?

Die Schwedin Anna Wahlgren schreibt, dass sie ihren Kindern bei jeder Gelegenheit unter die Nase hält, wie toll es ist, Geschwister zu haben und wie blöd, sich gegenseitig zu zerfleischen. Sie empfiehlt, kleine Kinder zusammen in einem Zimmer unterzubringen und lieber ein Schlafzimmer und ein Spielzimmer einzurichten, als jedem ein eigenes Zimmer zu geben. Sonst würde man ihnen von Anfang an so ein Territorialverhalten angewöhnen. "Das ist meins!" - "Hier darfst Du nicht rein!" Erst zu Beginn der Pubertät sollte man den Kindern eigene Zimmer geben, weil sie dann Rückzugsräume bräuchten. (Anna Wahlgren: Das Kinderbuch, wie kleine Menschen groß werden. Weinheim und Basel 2004) 

Für uns kam der Tipp leider zu spät. Ein bisschen davon praktiziere ich, indem ich mit meinen Sachen nicht so "territorial" bin. Prinzessin und ich tauschen eifrig Nagellack aus, der Kronprinz benutzt meinen Computer, ich durfte seine Pistolen und Schwerter mit in den Elternkurs nehmen. Vielleicht haben wir nicht so viel "Mein"-"Dein"-Streit, weil wir im Umgang eine gewisse Großzügigkeit etabliert haben und weil die Kinder wissen, dass mir meine "Entspannlichkeit" viel wichtiger ist als irgendwelche Rechthabereien.

Immer fröhlich sich aus Geschwisterstreit heraushalten.

Eure Uta